Ich bin 64 Jahre alt und weiß seit ca. 10 Jahren um meine genetische Disposition, seit damals im Rahmen einer Vorsorgeuntersuchung mein hoher Cholesterinspiegel festgestellt wurde. Die Werte lagen bei 400/50 (Gesamt/HDL). Ein klarer Fall von FH. Das hätte ich eigentlich schon wissen müssen, da mein Vater im Alter von 63 Jahren an seinem 2. Herzinfarkt verstorben ist. Damals (vor fast 50 Jahren) hat man allerdings wenig darüber gewusst, aber ich kann mich gut an seine jahrelangen massiven Beschwerden erinnern.
Herr H.
Warum bin ich so spät draufgekommen? Weil ich nie auch nur die geringsten Beschwerden gehabt habe, auch sehr wenige Infektionen, ich habe in 40 Jahren Berufsleben keinen einzigen echten Krankenstand geschafft. Natürlich habe ich dann die ärztlichen Ratschläge befolgt, Statine genommen und auch möglichst fettarm gegessen. Wie zu erwarten, ist eine Diät bei FH kaum relevant. Bei strenger Vermeidung von Fetten ist das Gesamtcholesterin auf 370 gesunken, na ja. Seit damals halte ich keinerlei Diät mehr, esse nur ausgewogen und, wie ich meine, „vernünftig“. Etwas wirksamer waren Statine, damit konnte ich ca. 250 erreichen.
Allerdings um den Preis, dass meine sportlichen Aktivitäten ziemlich darunter gelitten haben. Ich bin schon seit vielen Jahren regelmäßig gelaufen und habe mit 46 Jahren begonnen, mich auf Marathons vorzubereiten. Mit 47 bin ich dann meinen ersten gelaufen und dann einen bis drei pro Jahr. Meine Zeiten lagen so zwischen 3:28 und 3:37. Nach der Einnahme von Statinen fiel mir schon das Training viel schwerer als sonst (Läufe über zwei Stunden waren fast unmöglich) und im Rennen habe ich mich dann in knapp vier Stunden über die Strecke gequält. Ich habe daraufhin die Statine wieder abgesetzt und mich dafür regelmäßig untersuchen lassen: Coronar-CT, Ergometer, IMT<0,5 etc. Die Ergebnisse waren beruhigend, offensichtlich keinerlei sklerotischen Veränderungen, die Leistung am Ergometer um 340 W (> 4 W/kg).
Seit Ende 2011 bin ich nun in Pension und nutze die zur Verfügung stehende Zeit zur weiteren intensiven „Bewegungstherapie“, d.h. Laufen, Schwimmen, Radfahren, Berg- und Schitouren mit einem durchschnittlichen Kalorienverbrauch nach der „7-kcal-Regel“: Täglich 7 kcal/Körpergewicht zusätzlich durch intensive Bewegung verbrauchen. Das klingt nicht nach übermäßig viel, entspricht aber ca. 50 km Laufen/Woche (= 4.000 kcal/Woche bei 80 kg Körpergewicht). Marathons laufe ich heute nicht mehr, manchmal aber Halbmarathons. Aber mein Bewegungspensum liegt durchaus regelmäßig über diesem Wert.
Es ist mir bewusst, dass mein Verzicht auf Medikamente nicht allgemein empfohlen werden kann und möchte das auch keineswegs tun, allerdings bin ich vom Wert intensiver Bewegung überzeugt. Diese sollte sich nicht auf lockeres Gehen beschränken, hier sollte man sich durchaus anstrengen und, wenn es der Arzt erlaubt, auch gelegentlich an seine Grenzen gehen. Auch Krafttraining sollte man vor allem im Alter nicht vernachlässigen. Dass FH-Patienten nicht rauchen, halte ich für selbstverständlich und absolut lebensnotwendig.
Diese Lebensweise verhindert bekanntermaßen auch weitgehend lebensstilbedingte Erkrankungen wie Diabetes, Osteoporose, etc. und ermöglicht uns, die Statistik überlisten zu können, denn ein erfahrener Arzt hat mir einmal gesagt: „Sie wissen ja, statistisch gesehen sind Sie schon tot“. Das habe ich zur Kenntnis genommen und bin laufen gegangen. Vielleicht beruhigt es so manche(n) FH-LeidgenossIn, dass diese Diagnose nicht automatisch mit frühem Tod und Leiden verbunden sein muss.